Die Suchfunktion unserer Büchercheck-Website meldet für «Kent Haruf» keinen Treffer. Das kann nur eines bedeuten: Ich habe die ersten Romane dieses früh verstorbenen amerikanischen Schriftstellers (1943 – 2014) vor der Geburt des Bücherchecks gelesen. Andernfalls hätte ich auch auf dieser Plattform geschwärmt von den grossartigen erzählerischen Qualitäten des Romanciers, von dem Bernhard Schlink gesagt hat: «Für mich einer der grossen amerikanischen Schriftsteller».

Nur sechs Romane hat Haruf geschrieben, darunter «Kostbare Tage», «Ein Sohn der Stadt» und «Abendrot». In allen – auch in «Das Band, das uns hält» - schildert der Autor den unspektakulären Alltag in der fiktiven US-Kleinstadt Holt und fokussiert auf einige persönliche Schicksale deren Einwohner. Dabei bedient er sich eines Stils, wie wir ihn von anderen US-Erfolgsautoren wie Ernest Hemingway kennen: Kurze Sätze, lakonische Schilderungen, distanzierte, unterkühlte Charakterisierungen. «Schreiben, was ist», ohne es zu kommentieren, und sei es auch noch so dramatisch wie die Story der benachbarten Farmerfamilien Roscoe und Goodnough.  

Im «Band» erzählt eines Sonntagnachmittags des Jahres 1977 der alt gewordene Sanders Roscoe einem ungenannten Besucher von der bevorstehenden Verhaftung der achtzigjährigen Edith Goodnough und die lange, bis in seine Kindheit reichende und über weite Strecken tragische Familiengeschichte, die dazu geführt hat. Nachdem ihre Mutter früh verstorben war, bewirtschaftete sie die Farm mit ihrem stets wütenden Vater und dem leicht beschränkten Bruder, der sich zwischenzeitlich zwanzig Jahre auf die Flucht vor der Einberufung in den Vietnamkrieg verabschiedete und die Schwester allein mit dem durch einen Unfall schwer behinderten Vater zurückliess. Nach dessen Tod und der Rückkehr des debil gewordenen Bruders fasst - und vollzieht - sie im Finale einen verhängnisvollen Beschluss.

So einfach, so klar und so spannend. Einmal am Bändel dieses einenden Bandes werden Sie auch andere Haruf-Bücher lesen wollen.