Auf der Rückseite des Buches steht geschrieben: "Endlich - Die Fortsetzung des Weltbestsellers Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert!". Ich muss zugeben, ich habe diesen Weltbestseller auch gelesen. Er erschien vor 10 Jahren. Aber es ist absolut nicht notwendig, dass man für die vorliegende "Fortsetzung" den Harry Quebert-Roman gelesen haben muss. Was man nämlich darüber wissen sollte, wird von Joel Dicker nachgeliefert.
Wir haben schon einmal ein ausserordentlich gutes Buch von Dicker gecheckt: https://www.buechercheck.com/2021/04/21/das-geheimnis-von-zimmer-622-von-joel-dicker/). Dort haben wir festgestellt, dass Dicker sich eines "Alter Egos" bedient, welches dann auch das Buch geschrieben hat. Und er liebt es, Rückblenden zu machen in seinen Geschichten. Aber nicht solche, wo man erschrickt, wenn wieder ein kursiv gedruckter Hinweis die aktuelle Geschichte unterbricht und man sich mühsam in die Vergangenheit zurück fallen lassen muss. Nein: Seine Rückblenden kommen zum richtigen Zeitpunkt. Eigentlich genau dann, wenn man sie sich wünscht.
So funktioniert auch das Buch "Die Affäre Alaska Sanders". Es passiert ein Gewaltverbrechen und Dickers zieht alle Register, um die Lesenden mitzunehmen auf die Reise nach der Suche der Wahrheit. Man vertieft sich in das Buch und möchte alles über diese "Alaska" wissen. Und plötzlich ist man interessiert an den Menschen um sie herum und stellt sich Fragen über Fragen. Joel Dicker führt einem als Autor durch ein Dickicht von Ausgangslagen und verpasst es nicht, auch sein "Alter Ego" in die Geschichte hinein zu weben. Am Ende des Buches schaut man ungläubig auf den Namen des Autors und ist erstaunt, dass es nicht derselbe ist, wie im Buch beschrieben.
Sehr bemerkenswert an diesem Buch ist - bei allem Respekt für die E-Book-Lesenden... - das Cover: Es ist eine Art Collage mit einem Ausschnitt aus dem Bild "Gas" von dem amerikanischen Maler Edward Hopper. Und wenn man dieses Bild sieht, ist man direkt in der Zeit, in der Umgebung und in der Aura der Geschichte angekommen (weil eben auch eine Tankstelle eine Hauptrolle einnehmen wird). Dem Verlag und Autor ist für dieses sorgfältige Heranführen ein Kränzchen zu winden.
Ja und dann: Das Ende ist überraschend. Vor allem, weil die Geschichte schon auf Seite 520 (oder so) aufgeklärt wird und alle zufrieden sind. Aber es wäre nicht ein Buch von Joel Dicker, wenn er nicht noch eine Tannennader im Eichenwald findet und dies wen auch immer zum wirklich richtigen Schluss führt. Das Buch hat dann auch 577 Seiten. So bleiben dann also noch ein paar Seiten zur Erklärung übrig. Allerdings etwas mehr, wie im bereits erwähnten Buch über das Zimmer 622. Dort waren es die beiden letzten Seiten, die das Drama erklärten...
Zusammengefasst: Das vorliegende Buch ist eine Investition für die kommenden Spätsommerabende. Ein Glas Wein, Beine hoch und los gehts. Wundern Sie sich aber nicht, wenn Sie plötzlich merken, dass es kälter geworden und schon Mitternacht ist...