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Zuleika. Von Bernadine Evaristo.

Endlich wieder einmal sein Latein anwenden.

Wer im Gymnasium acht Schuljahre lang mit je sieben Wochenstunden Latein traktiert worden ist, fragt sich ja später oft, wozu diese endlose Übung gut gewesen sein könnte. Seit die anbetungswürdige Bernadine Evaristo («Mädchen, Frau etc.», «Mr. Loverman») mit ihrem neuen Roman «Zuleika» die Beststellerlisten stürmt, profitieren aber die Lateiner unter ihrer Leserschaft unerwartet von einem Payback auf die damaligen Mühen. Elegant streut die 65-jährige britische Erfolgsautorin und Professorin für Kreatives Schreiben nämlich immer wieder – und unübersetzt! – lateinische Vokabeln und Redensarten in die Erzählung, deren Bedeutung sich nur studierten Altphilologen erschliesst.    

Die Geschichte spielt in Londinium und Eboracum am normannischen Rand des grossrömischen Reichs, wobei Evaristo die aktuellen Orts- und Quartiernamen von London und York verwendet. Dort lebt ihre Heldin Zuleika als Kind nubischer Einwanderer und macht jene Erfahrungen, die ihre schwarzen Geschlechtsgenossinnen heute noch in der Alten Welt machen. Sie wird mit einem dicken alten römischen Funktionär verheiratet, der sie die längste Zeit des Jahres im nasskalten England allein lässt, während er sich auf «Dienstreise» mit Gespielinnen im warmen Süden des Reichs vergnügt.

In seiner Abwesenheit weckt die glutäugige Schöne die Aufmerksamkeit des syrischstämmigen - und somit seelenverwandten - römischen Kaisers Septimius Severus (146 – 211 n. Chr.), der auf die britischen Inseln gekommen ist, um die Provinz gegen die Normannen zu verteidigen. Das Ende einer kurzen, für Zuleika jedoch grossen Liebe ist unausweichlich: Ihr Ehemann erfährt vom Seitensprung seiner Frau und rächt sich auf grausame Weise für ihre Untreue.

Evaristo variiert in diesem Buch auf höchstem Niveau das Cliché von der schwarzen Schönen von niederem Stand, die es ins Establishment schafft, aber schliesslich an den Flammen einer für sie unerreichbaren Passion verglüht. Und wie immer tut sie es so, dass man das Buch – inklusive lateinische Einsprengsel – in einem Zug durchliest. Divinus libellum est!

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