Und wieder einmal bin ich auf die Expertenrunde des Literaturclubs des eidgenössischen Farbfernsehens Beromünster hereingefallen. Vor ein paar Monaten pries diese das neue Buch von Caroline Wahl mit dem Titel «Windstärke 17» in den höchsten Tönen. Immer gewillt und bereit, auch die überübernächste Kreativgeneration kennen zu lernen und deren Schaffen zu würdigen, lud ich mir erst einmal das ebenso hochgelobte Debüt der 29-jährigen Heidelbergerin auf den Reader.
Der Titel «22 Bahnen» bezieht sich auf die Strecke, welche die Protagonistin jeweils im Gartenbad der öden Kleinstadt zurücklegt, in welcher sie mit einer kleinen Schwester und ihrer alkoholsüchtigen Mutter lebt. Der tägliche Schwumm ist die Konstante in ihrem stressigen Alltag zwischen Studium, Job an der Supermarktkasse, Betreuung der Schwester und Chaosmanagement der dauerbetrunkenen Mutter. Und – unausweichlich bei derartigen Jungfrauenplots - der Ort, an dem sie mit einem vorerst unerreichbar erscheinenden Mitschwimmer anbandelt. Diese tüchtige Tilda wird kurz vor dem Masterabschluss für eine attraktive Stelle in Berlin empfohlen und muss sich nun neben vielen anderen Fragen auch der alles entscheidenden stellen, ob sie es verantworten kann, die Schwester mit der alkoholsüchtigen Mutter allein zu lassen.
Weshalb nun aber «hereingefallen»? Nun, das Buch, das eine wohlwollende Kritik auch ausserhalb der SRF-Literatursendung als «gelungenen Coming-out»-Roman würdigt, ist mir eher vorgekommen wie ein gelungener Maturaufsatz in einfacher Sprache. Weit und breit keine Spur von Spannung und Dynamik, wenig Formulierungsvermögen, null stilistische Rafinesse. Ein Befund, der sich mir in den letzten Monaten immer wieder bei hochgehypten deutschen Jungautorinnen aufgedrängt hat. «Windstärke 17» kommt bei mir jedenfalls nicht auf die Leseliste.