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Ein schönes Ausländerkind. Von Toxische Pommes.

Das Papaporträt von Olivia El Sayed war besser.

Zu den erheiterndsten Leseerlebnissen in der NZZ am Sonntag der letzten Jahre gehörte die Fortsetzungsgeschichte über den italienischen Vater und die Schweizer Mutter von Olivia El Sayed. Auf höchst amüsante Weise hat die Zürcher Spoken-word-Künstlerin und Kabarettistin aus Winterthur die geschiedene Mischehe ihrer Eltern im Programm «flowery wordis» und dem daraus entstandenen Buch «Scheidungskinderclub»  geschildert und damit vor allem ihrem exzentrischen Papa ein ebenso liebevolles wie sarkastisches Denkmal gesetzt.   

Dasselbe hat auch eine österreichische Satirikerin mit kroatischem Migrationshintergrund versucht, deren Künstlerinnenname das Originellste an der Abrechnung mit dem eigenen Erzeuger ist. «Toxische Pommes», die in Wirklichkeit Irina heisst und laut Wikipedia keinen Nachnamen hat, emigrierte als kleines Mädchen mit ihren Eltern aus ex-Jugoslawien nach Wiener Neustadt. In diesem gesichtslosen Industrieviertel weitab der österreichischen Hauptstadt legen sie und ihre Mutter eine mustergültige Integrationskarriere als Musterschülerin und Meisterschwimmerin respektive Pharmazeutin hin, während der desillusionierte Vater es trotz seines Ingenierstudiums nicht über den frustrierenden Status eines des Deutschen nicht mächtigen Hausmanns mit Putzfimmel und anderen Macken hinaus schafft.

Diese Konstellation, die anfänglich von der Untermiete bei einer übergriffigen Vermieterin und danach dem familiären Zusammenleben in einer engen Mietwohnung zusätzlich belastet wird, führt zu dauernden Reibungen vor allem zwischen Vater und Tochter (die jener hartnäckig als «Söhnchen» bezeichnet). Über 200 Seiten arbeitet sich Pommes an den Charakterschwächen und Macken ihres hassgeliebten Erzeugers ab. Dass sie dafür ausgiebig slawische Sätze und Redewendungen verwendet, zu denen sie die deutsche Übersetzung mitliefert, täuscht nicht über die sprachliche Einfallslosigkeit und das ewige Wiederkäuen von Frust und Enttäuschung hinweg, welche die Ich-Erzählerin auf dem Weg zum schliesslich erstrittenen österreichischen Bürgerbrief – und dem gefühlten Verlust des Vaters – heimsuchen. Büchercheck-Befund: Ansprechend, aber kein Vergleich mit El Sayed!

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