Es kommt gelegentlich vor, dass Autorinnen und Autoren die Kulturwelt völlig unerwartet mit einem erfolgreichen Erstling überraschen und diesem dann den Rest ihrer Karriere hinterher hecheln, ohne dass sie ihr «one hit wonder» je wiederholen könnten. Diesen Eindruck hatte ich nach der Lektüre des neuen Buchs von Daniel Glattauer. Der Österreicher, der sich 2006 mit dem ersten e-mail-Roman der Literaturgeschichte «Gut gegen Nordwind» vom Journalisten zum Schriftsteller gemausert hatte, schreibt mit «In einem Zug» im Grunde seinen damaligen Bestseller noch einmal. Es geht um einen Mann und eine Frau, die sich nicht kennen, per Zufall ins Gespräch und sich näherkommen. Diesmal halt nicht virtuell am Computer, sondern persönlich im Viererabteil eines Intercityzugs.
Der berühmte Schriftsteller Eduard Brünhofer leidet unter einem Schreibstau und muss deswegen bei seinem Verleger antraben. Im Zug von Wien nach München wird er von einer Frau angesprochen, die zwar seinen Namen, nicht aber seine Bücher zu kennen scheint. Er will eigentlich nur in Ruhe gelassen werden, aber der vermeintliche Fan lässt nicht locker und verwickelt das Gegenüber in ein Gespräch über seine Arbeit und seine Werke. Nicht zuletzt dank der Rotweinvorräte in der Bordbar gewährt die Unterhaltung immer intimere Einblicke ins Gefühls- und vor allem Liebesleben des gefeierten Autors. Nicht einmal der vorübergehende Zuwachs der Abteilsgemeinschaft durch einen weiteren Mitreisenden bringt die aufsässige Fragerin zum Schweigen, und Brünhofer stellt erstaunt fest, dass ihm das Frage- und Antwortspiel über alle möglichen Aspekte des Lebens, der Liebe und des Schreibens zunehmend gefällt.
Weitere Handlung gibt es in diesem Werk, das man früher in die Kategorie «Konversationsroman» eingeordnet hätte, keine. Dafür nach der Ankunft in München eine umso überraschende Pointe, die an dieser Stelle natürlich nicht verraten wird. Sie reisst die über längere Strecken statische und wenig spannende Story am Schluss noch heraus. Und wer bis dahin durchhält, wird durchaus belohnt.