Wenn man sich wie ich ein paar Mal in der Lektüre vergriffen hat, hilft garantiert ein Buch des japanischen Schriftstellers Haruki Murakami. Seine Geschichten sind ein sicherer Wert, auch die älteren wie etwa «Sputnik Sweetheart» aus dem Jahr 1999. Sie beginnt wie die meisten Murakamis in der totalen Normalität, in welcher ein Tokyoter Lehrer die Möchtegernschriftstellerin Sumire heftig begehrt. Diese sieht ihn als besten Freund, hält ihn aber sexuell auf Distanz. Dafür wird die Möchtegern-Schriftstellerin von einer – körperlich ebenfalls unerwiderte – «amour fou» zur asiatischen Unternehmerin Miu befallen und umkreist sie fortan als Sekretärin wie 1957 der russische Satellit Sputnik die Erde. Alles normal also.
Ihr gemeinsamer Weg führt die beiden Frauen dann aber auf eine gottverlassene und von jedem öffentlichen Verkehr abgeschnittene griechische Insel, wo Sumire nach einer heftigen Sex-Attacke auf die verblüffte Miu buchstäblich spurlos verschwindet und weder von der Polizei auch vom eilends eingeflogenen Erzähler aufgespürt wird. Und spätestens dann kippt die Story ins typisch murakamisch Übersinnliche, als ihm Miu von einem Erlebnis erzählt, das sie einst aus der Umlaufbahn geworfen hat. Mehr als dass der Schauplatz dieses Horrortrips in der Schweiz liegt und ein Riesenrad eine Rolle spielt, sei an dieser Stelle nicht verraten. Seit damals fühlt sich Miu aber nur noch als Klon ihrer selbst, und es ist typisch für den Meister des Mysteriösen, dass er dem Leser weder für ihre Persönlichkeitsveränderung noch für Sumires rätselhaftes Verschwinden auch nur den Ansatz einer Erklärung anbietet.
Trotzdem folgt man der Handlung atemlos bis ans Ende, weil man wider besseres Wissen respektive den bisher gemachten Erfahrungen mit Murakami bis zur letzten Seite hofft, dass die unerklärlichen Vorgänge und Vorfälle doch irgendwie noch eine Erklärung finden. Die Erwartung bleibt erneut unerfüllt, und trotzdem lässt einen die Hängepartie alles andere als frustriert zurück. Murakami at his best!