buechercheck.com

Eismusik. Von Philipp Probst.

Reporterin Selma rückt zum 5. Mal aus. Nimmt sie mich noch immer mit?

Ich war sehr gespannt, ob unserem Basler Lokal-Konsalik Philipp Probst dasselbe passiert wie anderen Schriftstellern, die sich jahrelang auf denselben Ermittler oder dasselbe Set-Up beziehen: Irgendwann gehen die authentischen Ideen aus und die Geschichten werden abstrus. Z.B. Kommissär Jennerwein (Jörg Maurer) stirbt und kommt in einem anderen Körper zur Welt. Andere ermitteln als Ausweg aus der Ideenlosigkeit in einem eingeschneiten Haus oder auf einer Insel ohne Strom. Nur die ganz grossen der Gilde schaffen es, die Reihe jahrelang über Dutzende von Büchern spannend zu halten (z.B. Lee Child mit Jack Reacher oder Donna Leon mit Brunetti). Wie würde es der Reporterin Selma ergehen?

Also: Noch ist alles in Ordnung! Der Grundplot bleibt zwar immer gleich: Selma, die Reporterin ist zu Hause und möchte es gerne bleiben. Dann ruft ihr alter Mentor an, bekniet sie zwei Seiten lang und dann macht sich die umtriebige Reporterin in einen Teil der Schweiz und gerät in einen Kriminalfall, den sie dann – zusammen mit allen altbekannten Figuren in ihrem Leben, löst. Etwas Pfeffer bekommt der vorliegende Roman durch verschiedene familiäre Botschaften und durch das mehrschichtig tragische Schicksal von Selmas Lebenspartner, was gefühlt den grössten Teil des Buches ausmacht.

Propst kann wahnsinnig gut erzählen. Und er tut es authentisch. Weder hochgestochen noch abstrakt. Gerade so, als würde er Gespräche aufschreiben, die er in seiner Tätigkeit als Buschauffeur bei den Basler Verkehrsbetrieben aufschnappt. Und er beschreibt die Szenerien in seinen Büchern, als hätte er dort selbst gelebt. Das letzte Mal war es das Appenzell und in diesem Roman das Tessiner Bavona-Tal, welches im Sommer leicht belebt ist und im Winter – gar nicht. Aber nach der Lektüre des Buches würde man eine Einladung  zu einer Busfahrt ins Bavona-Tal nicht abschlagen. Man sieht die karge, bergige und zeitlose Landschaft vor dem geistigen Auge.

Ja und wie ist jetzt das Buch «Eismusik»?

Probst bezeichnet seine Bücher nicht als Krimis, sondern einfach als «Roman». Er kommt zwar nicht ganz ohne strafbare Handlungen aus. Aber meistens gibt’s keine Leichen…

Es ist also ein Buch, welches gut lesbar ist, auch für Menschen, die nichts mit Kriminalkommissären und toten Menschen anfangen können. Die Lesenden machen eine Reise in ein abgelegenes, schönes Stück Schweiz, lernen die absurde und gefährliche Welt der Social-Media-Kultur kennen und werfen einen Blick hinter die Kulissen der Schlagersternchen. Alles sehr glaubhaft und schön erzählt. Es ist ein Buch, welches sorgfältig geschrieben und vom orte-Verlag seriös und qualitativ hochstehend produziert wurde.

Noch ist man der Reporterin nicht überdrüssig, obwohl sie bereits fünf Mal auf Geheiss von Philipp Probst unterwegs war. Der Satz am Ende des Buches: «Fortsetzung folgt…» kann man also guten Gewissens stehen lassen. Er ist keine Drohung, sondern ein Cliffhanger…

Zur Startseite
Impressum
Startseite
Lister mit allen Büchern
Der Blog und sein Zweck
Webseite & Design, thiriet creative content, casper@thiriet.cc
Riehen © 2020