Dass das neue Buch über das Altern von Elke Heidenreich schon in der ersten Woche nach seinem Erscheinen 100'000 Mal verkauft worden sei, bezweifelte ich als erklärter Fan der Autorin und ihres bisherigen Werkkatalogs keinen Moment. Zusätzlich angefixt wurde ich von den Interviews, in welcher die 81-jährige Journalistin und Moderatorin wortreich jene Themen vertiefte, die mich als «Boomer» zunehmend etwas angehen. Trotz dieser eigentlich idealen Voraussetzungen habe ich das Bändlein enttäuscht zur Seite gelegt.
Von den knapp 110 Seiten ist ein beträchtlicher Teil nämlich gar nicht «O-Ton Heidenreich». Vielmehr hat die belesene und umfassend gebildete Frau fleissig Zitate aus aller Welt, allen Zeiten und allen Zivilisationen zu ihrem Thema gesammelt. Durch dieses Sammelsurium meist bekannter (Binsen-)Wahrheiten moderiert sie mit autobiographischen Elementen, persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen einer vom Altern direkt Betroffenen. Dabei ist sie grosszügig mit Ratschlägen, die darauf hinauslaufen, dass selber schuld ist, wer das Alter nicht als die beste Zeit seines irdischen Wandelns erlebt wie sie.
Im Glückstaumel angesichts sich mehrender Jahrringe vergisst Heidenreich immerhin nicht, dass sie zu den in jeder Hinsicht privilegierten Alten gehört. Hie und da relativiert sie deshalb ihre Lobeshymnen durch einsilbige Einsprengsel wie «Im Alter kein Geld zu haben, ist allerdings nicht lustig …» und ähnlichen Relativierungen, ohne allerdings die daraus resultierende Unlustigkeit näher auszuführen geschweige denn mit konkreten Tipps Hilfestellungen für die vielen weniger glücklichen und gesunden Seniorinnen und Senioren anzubieten.
Fazit: Elke Heidenreich holt sich bei den grossen Literaten und Philosophen die Bestätigung ihrer positiven Wahrnehmung des Alters und moderiert mit dem Tunnelblick auf die eigene Begeisterung flapsig durch diese Zitatensammlung. Nicht ihr Niveau, schade.