Felix Sell, der Protagonist in Linus Reichlins neuem Roman, findet beim Aufräumen seiner Plattensammlung eine Dosis LSD unbekannten Verfalldatums und testet kurz entschlossen die Probe auf ihre Wirksamkeit. In der Folge erweitert sich sein Bewusstsein nicht nur um die von früher vertrauten Farberscheinungen, sondern auch um einen Hund. Der klopft an seine Tür und verlangt auf Englisch Zuflucht und Schutz vor unfreundlichen Verfolgern. Im Gegensatz zu früheren Trips will dieser jedoch nicht enden: Mann und Tier geraten auf der Flucht vor ihren Hundejägern in immer unmöglichere und unglaublichere Situationen.
Von der überbordenden Fantasie des Schweizer Autors und Kolumnisten Reichlin habe ich schon in früheren Rezensionen geschwärmt (https://www.buechercheck.com/2021/03/04/senor-herreras-bluehende-intuition-von-linus-reichlin/). Die köstliche Story um den sprachgewandten Vierbeiner, der seinem Herrchen wider Willen anfangs nur lästig ist, ihm aber im Verlauf einer turbulenten Agentenstory immer mehr ans Herz wächst, schlägt meiner Ansicht nach (fast) alles, was dem Wahlberliner Reichlin je an erheiternd Abstrusem aus der Feder respektive der Computertastatur geflossen ist. Und nicht nur der Plot ist vom Feinsten; der begnadete Lakoniker zeichnet auch seine Charaktere in der wirklichen wie der phantastischen Welt wieder aufs Köstlichste. Dass der Junggeselle wider Willen Felix Sell sein kärgliches Leben als nächtlicher Auftragsvergifter von störenden Bäumen fristet, ist nur eine von unzähligen Pointen auf diesen höchst amüsanten 320 Seiten.
Die Auflösung des Rätsels um den offenbar kostbaren und deshalb von Vielen gejagte sprechende Hund will ich hier nicht verraten. Nicht zuletzt deshalb, weil es – wie so oft bei Reichlin gar keine gibt. So lässt er bis zur letzten Seite offen, ob der anfängliche Trip im Verlauf des Buchs in eine wenn auch fantastische Wirklichkeit übergegangen ist oder doch nur eine monströse Halluzination war. Finden Sie’s raus, Sie werden sich köstlich amüsieren!