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Long Island. Von Colm Toibin.

Welche Liaison geht zu Ende?

Karg wie ein irischer Küstenstreifen ist die Sprache, in welcher Colm Toibín in seinem neuen Roman die Liebesgeschichte von Eilis Lacey und Jim Farrell fortschreibt. Begonnen hat sie in beider (und Toibins) Heimatstädtchen Ennyscorthy, das die junge Frau einst Richtung New York verliess, ohne sich von ihrem Freund zu verabschieden. In «Brooklyn» beschrieb der 69-jährige Ire ihr Leben dort; «Long Island» handelt nun von Eilis’ Rückkehr in die Heimat und rückt die Begegnung mit dem damals geliebten Jim in den Mittelpunkt der Handlung.   

Vordergründig kehrt die Protagonistin zum 80. Geburtstag ihrer Mutter zurück. Der eigentliche Grund ist jedoch eine Ehekrise, die ihr Mann Tony, ein italienischstämmiger Spengler, durch einen Seitensprung ausgelöst hat. Vor diesem Hintergrund kommt dem Wiedersehen mit Jim, der als Wirt in seinem eigenen Pub den Ort nie verlassen hat, eine besondere Bedeutung zu. Auch deshalb, weil Farrell kurz vor dem unerwarteten Auftauchen der Ex-Geliebten der verwitweten Nancy die Ehe versprochen hat.

Mit grosser Intensität und psychologischem Einfühlungsvermögen erzählt Toibin nun von der Wiederannäherung der ehemaligen Liebenden. Das Versteckspiel im kleinen Ort, in dem jeder jeden kennt und alle alles von allen wissen, ist schwierig genug; dazu kommt der Verdacht der allmählich bei Nancy aufkeimt. Eilis wird hin- und hergerissen zwischen der Pflicht, zu Mann und Kindern zurückzukehren und dem brennenden Verlangen, den Rest ihres Lebens an der Seite von Jim zu verbringen. Dieser wiederum ist bedingungslos bereit, alles hinter sich zu lassen und seiner grossen Liebe über den Atlantik zu folgen. Schliesslich durchkreuzt eine Verzweiflungstat der um ihre Hoffnung betrogenen Nancy die Pläne sämtlicher Beteiligter. Wie die Geschichte aus- und welche Liaison zu Ende geht, bleibt offen.

Die Wucht von Toíbíns Schilderung der widersprüchlichsten Gefühle wird noch verstärkt durch den eingangs erwähnten lakonischen Stil, dem Drama und Überschwang gänzlich abgehen. Cool – im wahrsten Sinne des Wortes.

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