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Fluchtnovelle. Von Thomas Strässle.

Spannendes unspannend erzählt.

Was eine Novelle ist, lernt man bereits im Germanistikstudium: Kürzer als ein Roman, länger als eine Kurzgeschichte. Der Autor Thomas Strässle, der hie und da in der Runde des «Literaturclubs» von Fernsehen SRF sitzt, setzt als Professor der Literaturwissenschaft diese Definition in seiner Schilderung einer Flucht aus der kommunistischen Deutschen Demokratischen Republik in den 1960er-Jahren perfekt um.

Strässle erzählt in «Fluchtnovelle» die Geschichte seiner Eltern, die sich als 21- respektive 23-Jährige in der DDR ineinander verliebten. Bald schmiedete der junge Schweizer Fluchtpläne für seine ostdeutsche Freundin, was auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs bekanntlich hochriskant war und bei der Umsetzung meist in einem Gefängnis oder gar mit dem Tod endete. Strässles Vater wählte für den Menschenschmuggel aber nicht einen der meist aussichtlosen Wege wie Tunnels oder gar Ballone. Vielmehr setzte er Kopf, Verstand, List und Scharfsinn ein.  

Der Plot: Aus der DDR ausreisen darf die junge Frau nur in einen kommunistischen Staat. So trifft der Mann seine Freundin in Prag, verwandelt sie dort mit mitgebrachten Kleidern in eine zuvor aus der Schweiz in die Tschechoslowakei eingereiste Touristin - und lässt sie mit gefälschten Papier als solche wieder ausreisen. Ganz Novellist, verzichtet Strässle auf die Dramatik, mit der viele andere Autoren dieses Szenario hochgepimpt hätten. Zurückhaltend und sachlich schildert er Planung, Vorbereitung und Durchführung des Unternehmens auch in dessen heiklen Momenten. So stellt sich beispielsweise heraus, dass die tschechischen Grenzer kurz vor dem Tag der Flucht die Farbe des perfekt gefakten Ausreisestempels geändert haben. Aber die Verliebten behalten kühlen Kopf und kaltes Blut - und die Flucht gelingt.   

Dass dieser glückliche Ausgang hier gespoilert wird, zeigt schon, dass «Fluchtnovelle» kein Thriller ist. Der Plan geht auf, kritische Moment bleiben allesamt folgenlos. Trotzdem liest man die 120 Seiten in einem Zug weg. «Ein gutes Buch», urteilt Literaturpäpstin Elke Heidenreich. Und wenn sie auch mit Strässle hie und da im SRF-Rund buchtalkt, fällt sie damit meiner Meinung nach kein Gefälligkeitsurteil ...

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