Also klar, es ist Band Nr. 48 von total 75 Romanen Simeons um den Pariser Kommissar Maigret (Jules) und sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind sehr alt. Der schrullige Kommissar, der während eines Falls Alkohol trinkt, fährt zum Beispiel praktisch nie Auto. Und wenn er kommunizieren muss, lässt er sich anrufen, meistens ist er erreichbar in seinem Bistrot. Die Ermittlungen werden oftmals zu Fuss gemacht und geraucht wird auch wie in alten Zeiten. Gekleidet ist der Pariser Ermittler grösstenteils mit seinem Hut und dem Regenmantel.
Aber warum soll man einen Kriminalroman lesen, der noch ohne Handy, ohne DNA-Spuren ja sogar ohne richtige Tatortuntersuchung auskommt? Und wo die Journalisten noch mit Block und Stift recherchieren und die Texte frühzeitig in die Tasten hauen müssen, damit sie noch gesetzt werden können? Eben genau deshalb! Es ist eine herrliche Abwechslung von den Kriminalromanen der Gegenwart, wo man ohne schnelle Autos nicht auskommt und Kommissare ohne psychopathischen Knacks gar nicht schreibbar sind.
Maigret findet eine Spur (vielleicht, wie in diesem Roman), einen abgerissenen Mantelknopf und löst, mit Hilfe des Assistenten, den Fall beinahe aufgrund dieses Fundes. Was in modernen Krimis mit Pinzette und Beweistütchen eingesammelt wird, wird in diesem Roman rudimentär gesichert und behandelt.
Auch noch ein herrlicher Unterschied zu den modernen Romanen: Während bei Krimis in der heutigen Zeit irgendwelche Vorgesetzten den Druck der Medien verbal an die Ermittler weitergeben, hat Maigret die Pariser Presse selber im Griff. Er kennt die Journalisten persönlich, benützt sie und erklärt ihnen am Ende des Tages, was sie wissen sollen und was nicht. In diesem vorliegenden Roman spielt die Presse gar eine Schlüsselrolle. Eine, die heute so nicht funktionieren würde.
Bref: Eine herrliche, langsame und erholsame Abwechslung von den schnellen, schweren und modernen Krimis der Gegenwart. Kaufen Sie den Maigret. Entweder Nr. 48 oder irgendein anderer der Serie. Sie sind weder teuer noch schwer verdaulich.