Dieses Buch ist - da muss ich der Verkäuferin im Appenzeller Buchladen aufs Heftigste widersprechen - kein Kriminalroman. Sondern ein Roman mit ein paar Aktionen, von denen die einen oder anderen kriminell sind.
Die Autorin hat ein Buch geschaffen, welches all jene Dinge zelebriert, die ich - eigentlich - nicht so mag und schon gar nicht bei Krimis: Seitenlange Beschreibungen von Gegenden. Ellenlange Dialoge, die weit weg von authentischen Gesprächen sind, sondern eher eine Diskussionsrunde unter Philosophie-Gelehrten. Auf einen kriminalistischen Plot wartet man das ganze Buch lang - und er kommt nicht. Es gibt keine Geschichte. Es werden zwar mehrere Einsätze der "Alpinen Rettungskolonne" beschrieben und der letzte Einsatz ebendieser Alpenretter ist ein sehr grosser und komplizierter. Aber nix von Leiche, Täter/innen-Suche, Kombinationen, Ermittler etc.
Ich habe dann begriffen, dass dieses Buch eine Liebeserklärung an das Alpstein-Gebirge im Appenzellerland ist. Und da ich dort eben eine Woche in den Ferien war - empfand ich es als eine berechtigte und verständliche Liebeserklärung: Die Autorin lässt den Protagonisten über sämtliche, berühmten Wanderwege gehen. Er darf Gipfel ersteigen, Wirtschaften besuchen und Seilbahnen benützen. Er darf in Appenzell leben und das Leben der Dörfler bis ins Extreme mitmachen und er darf als Held in der Appenzeller Bergrettung mitmachen. Die Geschichten, die er erlebt (an seinem Arbeitsplatz und bei seinem Hobby) sind Nebenschauplätze. Hauptsächlich geht es um ihn, um seine Frau (mit denen er tiefgründige Gespräche führt und openair-Sex im Gebirge hat) und um das Alpstein-Gebirge. Der Schluss des Romans ist zwar alles andere, als ein Happy-End und nach den ersten 292 von insgesamt 303 Seiten so abolut nicht erwartet.
Ich komme auf den Punkt: Wer einen Krimi lesen will, soll sich ein anderes Buch kaufen. Wer einen wirklich wunderschönen, leichten und lieben Roman über den Alpstein, das Appenzellervolk und ein bisschen über die alpine Bergrettung lesen will, muss das Buch kaufen. Es ist hervorragend recherchiert (ich mache eine Wette, dass die Autorin alle beschriebenen Wege selbst beschritten und in jeder aufgeführten Wirtschaft gespiesen hat!) und in einer tollen Sprache (mit viel "Appezöllerisch" geschmückt) verfasst.