Nun, es ist in der Tat der Literaturprofessor Friederich Nietzsche, der ja einige Zeit in Basel verbracht haben soll und in diesem Buch von Wolfgang Bortlik eine Rolle spielt.
Wolfgang Bortliks bisheriger Hobbyermittler Melchior Fischer hat Pause. In seinem neusten Werk taucht Bortlik in die Vergangenheit. Und zwar ungefähr ins Jahr 1869. Man könnte es kurz zusammenfassen: In diesem Jahr stirbt ein verdeckt ermittelnder Polizist durch einen Schlag auf den Hinterkopf und Friederich Nietzsche macht sich ein paar Gedanken darüber und weiss am Ende wer der Täter ist. Aber das wäre zu kurz gegriffen.
In "Allzumenschliches" werden die Lesenden in ein Basel geführt, welches wir uns heute gar nicht mehr vorstellen können. Bortlik begleitet uns in eine zwei Klassen Stadt (die Mehrbesseren Sarasins etc. auf dem Münsterhügel und das Pack im Kleinbasel), welche stinkt (die Kanalisation ist erst ein politisches Thema und noch längst nicht gebaut), welche wächst (eben wurden die Stadtmauern abgerissen) und welche lebt. Und wo es auch einen Polizeiposten gibt (im Rathaus), von welchem aus die Nachtpatroullien ausschwärmen und wahllos verdächtige Personen festnehmen. Basel hat noch einen Bürgermeister der im Rathaus arbeitet und sich - schon fast mafiös - durch die Seidenbandkönige von Basel manipulieren lässt. Der literarische Ausflug nach Basel in 1869 ist grossartig. Ich vermag nicht abzuschätzen, was es an Recherche und Phantasie braucht, 150 Jahre zurück zu gehen und das Leben aus dieser Zeit zu beschreiben. Wir können kaum nachprüfen ob es so war. Aber wichtig ist: Es könnte so gewesen sein. Ich jedenfalls glaubte jedes Wort.
Der Kriminalfall im Buch ist zweitrangig. Erste Klasse hingegen sind die Beschreibungen der Ermittlungen zu selbiger Zeit, wo es weder "die Spusi" noch irgendwelche helfende Labors gab. Ermittelt wurde mittels Ausschlussverfahren und ein bisschen Logik. Das Nietzsche ermittelt ist eine gelungene Idee. Der Plot geht auf (Nietzsche trifft nebenbei den Komponisten Wagner und den Anarchisten Michail Bakunin) und man hat nach der Lektüre dieses Buches das Gefühl, man habe in der ersten Reihe einer Geschichtslektion gesessen. Ganz sicher nach den zwölf Seiten lesenwerten "Nachbemerkungen", die beweisen, dass der Autor viele Stunden Recherche geleistet hat.
Tolles Buch!